Lerntherapie Dr. Dina Beneken

Schule geschlossen – 5 Tipps zum Thema Kinder zuhause unterrichten

von | Jan 10, 2021 | Konzentration, Lernen, Motivation

Ab Januar ist es wieder soweit: Distanzunterricht für alle. Ein guter Anlass, diesen Artikel aus dem Frühjahr 2020 nocheinmal gründlich zu überarbeiten.

Plötzlich Lehrer – wie soll das funktionieren?

Mittlerweile ist allen klar: Es ist ein Unterschied, ob Eltern nur Hausaufgaben der Kinder begleiten, oder ob sie den Unterricht teilweise (oder manchmal auch vollständig) übernehmen müssen. In diesem Blogbeitrag möchte ich Dir meine 5 Tipps zum Thema Distanzunterricht/ Homeschooling mitgeben.

Homeschooling, Distanzlernen – alles eine Soße?

Zu den Begriffen: Echtes Homeschooling ist noch etwas anderes als das, was viele gerade erleben. Wer Homeschooling macht, kann das in einigen Ländern lehrplanunabhängig durchziehen. In Österreich beispielsweise können Kinder zuhause lernen und müssen lediglich am Ende des Schuljahres eine Prüfung ablegen. Im Homeschooling haben die Eltern in der Regel eine bewusste Entscheidung für den Unterricht zuhause getroffen. Sie können den Unterricht an ihr Kind anpassen und frei über Zeitpunkte und Inhalte entscheiden. Auch die Art der Vermittlung steht ihnen relativ frei.

Im Distanzunterricht aber bleibt das Kind natürlich an den Lehrplan der Schule gebunden, es wird im Anschluss wieder den Präsenzunterricht besuchen und Prüfungen schreiben. Inzwischen dürfen auch Prüfungen über den Stoff, der im Distanzunterricht gelehrt wurde, abgelegt werden. Eltern haben sich in der Regel nicht freiwillig dazu entschlossen, der Stoff ist klar vorgegeben und das Kind muss die Inhalte so vermittelt bekommen, dass es lehrplankonform ist. Sprich: es ist nicht egal, mit welcher Methode Dein Kind z.b. schriftlich subtrahieren lernt – es muss die Methode sein, die die Schule verlangt.

Daher ist der Fokus, wie Distanzunterricht zuhause gelingt, ein anderer als im Homeschooling. Ich gehe hier besonders auf die aktuelle Situation im Distanzunterricht ein.

Wie wird Distanzunterricht praktisch umgesetzt? Die Rolle der Eltern.

In den letzten 9 Monaten haben sich 3 Wege herauskristallisiert:

  1. Schulen, die den Unterricht online nach Stundenplan fortsetzen.
    Wenn Dein Kind an so einer Schule ist, schätze Dich glücklich, denn Du hast damit am wenigsten Arbeit. Es bleibt für Dich nur, Dein Kind beim Lernen zu unterstützen (häufig betrifft das die Stützfunktionen des Lernens, die sogenannten Lernkompetenzen) – Selbständigkeit, Organisation des Lernstoffs, Lerntechniken.
  2. Schulen, die mehr oder weniger tagesaktuell Material zur Verfügung stellen.
    Dein Kind bekommt die Aufgaben über ein System wie Padlet, Teams oder ein anderes. Diese Aufgaben soll es dann bearbeiten.
    Die Aufgaben der Eltern: Das System bedienen, den Überblick über die Aufgaben und Abgabetermine haben, gemeinsam mit dem Kind den Lernplan aka Stundenplan aufstellen und durchgehen. Und dann: Den Lernstoff nicht nur vermitteln, sondern auch überprüfen, ob er sitzt. Sich selbst schlau machen, welche Methode das Kind beherrschen muss und mit dem Kind eine Lernpartnerebene finden.
  3. Leider gibt es auch das: Schulen, die kaum Material zur Verfügung stellen und sich unsichtbar machen.
    Das ist der worst case für alle Beteiligten. In diesem Fall bleibt den Eltern nur die Wahl, nichts zu tun oder sich selbst etwas auszudenken.
Hier zeigt sich jetzt deutlich, wo das Kind noch Unterstützung braucht. Es ist übrigens ganz normal, dass Kinder das noch nicht können. Auch das Lernen muss man, genau wie Fahrradfahren oder Schwimmen, erst lernen. Es fällt den Menschen nicht in den Schoß und ist ein Prozess, der sich bis in die Mittelstufe zieht.

Die Chance in der Krise: Wenn Du es schaffst, diese Wochen dazu zu nutzen, die Lernkompetenzen zu stützen und aufzubauen, lernt Dein Kind in 7-Meilenstiefen fürs lebenslange Lernen.

Auch wenn es am Anfang nach etwas mehr Arbeit aussieht: es lohnt sich. Sobald Dein Kind eine Technik verstanden hat, kann es diese anwenden und ist einen weiteren Schritt selbständiger geworden.

Aber es schadet doch nicht, wenn die Kinder mal etwas weniger machen!

Nein. Wir sind uns alle einig: Die Kinder verblöden nicht, wenn sie weniger Stoff machen. Die Kinder lernen andere, wertvolle Kompetenzen. Vieles im Lehrplan ist schlicht und ergreifend nicht relevant für das spätere Leben.

Aber: Es ist relevant für das weitere Schul-leben unserer Kinder. Und das bedeutet nach aller bisherigen Erfahrung: Das System passt sich nicht an. Im Klartext: Wenn die Kinder etwas im Distanzlernen verpasst haben, ist das ihr Pech.

Es ist kein Drama, eine Klasse zu wiederholen. Es ist völlig ok, dieses Schuljahr auch bewusst abzuschreiben. Als Eltern muss man sich aber der Konsequenz bewusst sein: Das Kind wird negative Erlebnisse in der Schule haben, die Klasse nicht bestehen oder in der Folgeklasse mit den Rückständen leben und diese dann „nebenher“ aufholen müssen.

Meine 5 Tipps für pragmatisches Distanzlernen ohne Folgefrust für die Kinder

  1. Mut zur Lücke: Prioritäten setzen.
    Werde Dir klar darüber, was wirklich wichtig ist. Das sind in der Regel die Kernfächer. Diese haben hohe Priorität und werden zuerst erledigt.
    Diese Liste im Kopf ist auch eine gute Entscheidungshilfe, wenn Du vor der Frage stehst, ob Du einen Kampf wegen Schulstoff mit Deinem Kind beginnst oder nicht.
  2. Einen Plan machen.
    Wenn die Struktur der Schule wegfällt, hilft ein eigener Plan für die Lernzeit. Beziehe Dein Kind mit ein. Ihr könnt detailliert planen (oder den Stundenplan der Schule übernehmen). Oder ihr macht jeden Morgen eine Übersicht, was zu tun ist und Dein Kind organisiert sich selbst.
  3. Alternativen schaffen
    Wenn das 1*1 Arbeitsblatt zur Hölle für Dein Kind wird, übt mündlich. Du kannst auf dem Arbeitsblatt notieren, wie ihr den Stoff gefestigt habt. Wenn Du den Unterricht übernimmst, ist das Dein gutes Recht. Idealerweise sprichst Du es vorher mit der Schule ab und erklärst, warum Du so vorgehst. Dem Lehrer Deines Kindes ist wichtig, dass es den Stoff beherrscht.
    Dein Kind lernt leichter, wenn es sich die Methoden aussuchen darf.
    Gerade das Vertiefen von Inhalten, wie beispielsweise Kopfrechnen lässt sich sehr gut mit Regelspielen trainieren. Grundsätzlich hat das Kind hier viele Gelegenheiten, auch andere Lernansätze zu probieren. Das sollten ihm alle Beteiligten auch zugestehen.
  4. realistische Erwartungen
    Was für Dich ein Vorteil zu sein scheint – das Kind kann frei entscheiden, was es wann wie macht – muss für Dein Kind kein Vorteil sein. Denn dazu benötigt es Kompetenzen, die es unter Umständen noch nicht gelernt hat. Sich selbst zu planen fällt immer noch genügend Erwachsenen ziemlich schwer. Unterstütze Dein Kind dabei, diese Dinge zu lernen. Das bedeutet, mehr Zeit zu investieren in gemeinsame Planung, Besprechung des Plans, Erinnern, Pläne umbauen, Erklären, dass das alles normal ist und sich Pläne immer wieder ändern (dürfen).
  5. Pausen planen
    Mathe, Deutsch, Sachunterricht – alles Fächer, die viel Energie benötigen. Wenn Dein Kind alleine lernt, statt in einer Gruppe, hat es kaum Auszeiten. Es kann sich nicht mal eben rausnehmen (das wird oft schnell als Konzentrationsmangel bewertet). Deswegen gilt im häuslichen Lernen: bewusst Pausen einbauen und oft muss eine Schulstunde nicht eine Schulstunde lang sein.

Du kannst gemeinsam mit Deinem Kind überlegen: was können wir auf unserer Art und Weise angehen (Lernen auf bestimmte Themen, Vokabeln, Lesetraining, Vertiefung von Inhalten)?

Schluss mit Stress am Hausaufgabentisch – komm in die Community für Eltern, die mit ihren Kindern in Klasse 1 – 6 lernen.
  • In der Lernkompetenz-Community begleite ich Dich dabei, Dein Kind beim Erwerb der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und Denken optimal zu fördern.

Tipp: Es muss nicht immer das Arbeitsblatt sein!

Das Vertiefen von Inhalten, wie beispielsweise Kopfrechnen üben, könnt ihr wunderbar mit Regelspielen tun. Auf meinem youtube Kanal findest Du jede Menge Anregungen dafür.

Du wirst feststellen, dass die reine Lernzeit zuhause viel kürzer ist, als die Zeit, die Dein Kind dafür normalerweise in der Schule verbringt. Diese Zeit könnt ihr nutzen, um über den Tellerrand zu sehen: 
mit spannenden Reportagen, virtuellen Rundgängen durch passende Museen, Lernen mit digitalen Medien und vielen anderen Ideen. 

Kinder zuhause unterrichten und nebenbei das eigene Arbeitspensum managen

Der Schulausfall bedeutet nicht nur schulfrei und lernen für die einen, sondern auch im Homeoffice arbeiten und produktiv sein müssen für die Eltern. Und dann vielleicht noch ein Geschwisterkind, dass nicht lernen muss, aber eben nicht ausgelastet ist.

Hier hilft eine klare Struktur für die ganze Familie. Wann ist Lernzeit? Kann man die Lernzeit sinnvoll mit Arbeitszeit verbinden? Eine Möglichkeit wäre:

  • Alle, die arbeiten/ lernen müssen, bekommen einen Raum dafür. Hier herrscht Ruhe (für Fragen darf natürlich unterbrochen werden) und Konzentration.
  • Plane für Deine Arbeitszeit abhängig von den Lernbedürfnissen Deines Kindes. Wenn abzusehen ist, dass Du nicht viel Denkarbeit leisten können wirst, während Dein Kind seine Matheblätter bearbeitet, lege Dir in diese Zeit nur Aufgaben hinein, die Du auch mit vielen Unterbrechungen abarbeiten kannst.
  • Aufgaben, für die Du Zeit brauchst, kannst Du beispielsweise in einer Zeit legen, in der Dein Kind eine Reportage zu einem schulischen Thema sieht. Auch Du darfst Kopfhörer nutzen, um Dich von Lärm abzuschirmen.
  • Vorschulkinder können durchaus auch schon eine gewisse Zeit am Tisch ruhig mitarbeiten.
  • Babys oder Kleinkinder geben naturgemäß den Rhythmus vor. Die Erfahrung zeigt, dass es für Dich einfacher ist, ihren Rhythmus zu akzeptieren als gegen ihn zu arbeiten. Wann schläft das Kind? Nutze diese Phasen für Arbeiten, die Stille erfordern. Wann ist es sehr aktiv? Dann überlege, wie Du Spiele mit den größeren Kindern und den kleinen verbinden kannst.
  • Auch hier hilft eine klare Tagesstruktur. Vielleicht kann Dein großes Kind auch 30 Minuten alleine arbeiten, während Du ihm den Service bietest, das Kleine zu beschäftigen.

Meine sehr geschätzte Kollegin Ilse Lechner und ich haben zu diesem Thema übrigens einen Special-Talk aufgenommen. Du findest ihn hier.

Lehrer sein? Wer? Ich? Ich bin doch nur die Mutter!

Wenn es darum geht, dass Kinder Umgangsformen, Radfahren oder Schwimmen, den Umgang mit der Bohrmaschine oder dem Herd lernen sollen, haben Eltern selten Bedenken, dass sie nicht „qualifiziert“ genug sein könnten. Selbstverständlich bringst Du Deinem Kind diese Dinge bei und selbstverständlich bist Du dabei ein guter Lehrer.

Und ja, das geht mit Lesen, Schreiben und Rechnen und dem anderen Schulkram natürlich auch.
Dein Kind lernt zum größten Teil, wegen der Beziehung zum Lernpartner. Die Lernbeziehung ist die Basis von allem. Du kennst Dein Kind am Besten, wer sollte also besser qualifiziert sein, mit Deinem Kind zu lernen, als Du?

„Aber was tun, wenn ich gar nicht weiß, wie ich das didaktisch am Besten erkläre?“
Das ist normal. Niemand kann alles wissen. Eine sehr gute Erfahrung für Dein Kind! „Eltern wissen auch nicht alles, das ist nicht schlimm, sie machen dann dies oder jenes um herauszufinden, wie es geht!“

Was kann Deinem Kind Besseres passieren? Wenn Du Fragen zu Deinem „Homeschooling“ hast, bist Du nicht alleine! Komm  gerne in meine Facebookgruppe „Eltern lernen mit ihren Kindern“ – dort bin ich regelmäßig und helfe Dir, wenn Du nicht weiterkommst.

Konzentrationsspanne der Kinder berücksichtigen

Die Konzentrationsspanne eines normal entwickelten Kindes im Grundschulalter wird in der Literatur zwischen 15 und 20 Minuten angegeben. 

Also: nach 15-20 Minuten ist „der Tank leer“. Da hilft es auch nicht (um bei diesem Bild zu bleiben), das Auto mit dem leeren Tank augenrollend anzusehen und zu sagen „jetzt fahr doch einfach, wir sind ja bald da“.

Wir können uns nur entscheiden …

  • es zu schieben (das kostet uns aber ebenfalls eine Menge Energie und wenn man das Bild überträgt, wird es dem Kind nicht wirklich etwas bringen. Wir erledigen seine Arbeit, aber ist ihm damit geholfen?)
  • oder ihm genügend Energie, in geeigneter Form zukommen zu lassen. 

Tank auffüllen durch Energiezufuhr

Was ist nun „Energie in geeigneter Form“, um Deinem Nachwuchs wieder Konzentration zu ermöglichen?

  • Bewegung
  • Schlaf
  • Spiel
  • eine PAUSE

Hilft alles nix: Mein Kind kann sich nicht konzentrieren, Dina. Was soll ich nur tun?

Wenn Du beim gemeinsamen Lernen feststellst, dass Dein Kind sich auch in diesem zeitlichen Rahmen nicht konzentrieren kann, gilt es, genau hinzusehen.

Ist Dein Kind ständig abgelenkt und kommt bei keiner Aufgabe so richtig in die Konzentration? Dann hat es eventuell noch nicht alle Lernkompetenzen (Selbstorganisation, Selbstmotivation, Konzentrationsfähigkeit … ) verinnerlicht oder gelernt anzuwenden. Warum schreibe ich das hier?
Weil Du, wenn Dein Kind zuhause lernt, eine ganz fantastische, einmalige Möglichkeit hast: Deinem Kind wirklich nachhaltig das Lernen zu zeigen.
Dadurch, dass Du Dein Kind nun täglich um Dich hast und es genau beim Arbeiten beobachten kannst, kannst Du ganz jederzeit sanft steuernd eingreifen. So lernt Dein Kind Schritt-für-Schritt, wie es endlich erfolgreich lernt (und das dann auch in der Schule anwendet). Dein Zeiteinsatz wird mit mehr Zeit für Dich belohnt, weil Dein Kind immer selbständiger wird.

Zum Schluss verrate ich dir noch meine 3 Geheimtipps für gelingendes Lernen:

1) Positiv beginnen und positiv Aufhören. Das geht am einfachsten mit einem kurzen Spiel, wie z.b. Dobble oder Uno. Denn das Gehirn merkt sich immer den Anfang und das Ende.
2) Aufhören, wenn es am Schönsten ist (und nicht weitermachen, weil es gerade so gut läuft. Endet meistens darin, dass einer heult.)
3) Mitbestimmung zulassen. Je mehr Dein Kind selbst steuern kann, je ernster Du seine Bedürfnisse nimmst, desto bereitwilliger wird es seine Aufgaben erledigen.

Homeschooling ist eine echte Chance, gemeinsam eine positive Lernkultur zu entwickeln. Es ist auch eine echte Chance herauszufinden, wo Dein Kind steht und wo es sich noch schwer tut.
Und ihr habt die unbezahlbare Möglichkeit, gemeinsam herauszufinden, wie Lernen gelingen kann.

Gebt Euch Zeit, um Euch an die neue Situation zu gewöhnen. Erwartet nicht alles auf einmal. Ihr werdet gemeinsam an dieser Herausforderung wachsen, das verspreche ich Dir.

Du begleitest (D)ein Kind beim Lernen? Dann hol Dir die Lernkompetenzenzbriefe!

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